5 Schritte zum Lehrvertrag
Das letzte Schuljahr steht vor der Tür … oder Sie sind schon mittendrin? Dann werden Sie und Ihre MitschülerInnen wahrscheinlich die Fragen brennend beschäftigen, was danach kommt und wohin Sie der Weg nach dem Erhalt des Abschlusszeugnisses führen wird. Sicherlich ist damit auch ein wenig Unsicherheit verbunden, schließlich weiß man nicht, was einem das Berufsleben so bringen wird. Aber vielleicht macht sich auch schon diese kribbelige Vorfreude bemerkbar – auf etwas Neues, darauf, auf eigenen Beinen zu stehen, endlich das zu machen, was einem Spaß macht, wofür man besonders begabt ist – und die Schule hinter sich zu lassen. Wir helfen Ihnen dabei, sich ganz darauf zu konzentrieren, genau die Lehrstelle zu bekommen, die Sie sich wünschen – mit unseren 5 Schritten zum Lehrvertrag.
Schritt 1: Wer sind Sie und was wollen Sie?
Je früher Sie anfangen, sich um eine Lehrstelle zu bemühen, desto besser. Schon mit dem Halbjahreszeugnis der 4. Klasse Hauptschule kann man sich bei einem Unternehmen als Lehrling bewerben. Vorher sollten Sie sich aber einige wichtige Fragen stellen, um herauszufinden, was das Richtige für Sie ist, damit Sie gezielt auf die Suche gehen können:
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Was können Sie gut?
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Wo liegen Ihre Stärken, was liegt Ihnen nicht so besonders?
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Wofür interessieren Sie sich speziell?
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Welcher Beruf reizt Sie?
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Welche Tätigkeiten möchten Sie gerne ausführen?
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Mit welchen Materialien möchten Sie arbeiten?
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Haben Sie gerne mit Menschen zu tun?
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Haben Sie schon einmal irgendwo geschnuppert – etwa bei der Arbeitsstelle Ihrer Eltern oder im Rahmen von Schnuppertagen?
Seien Sie dabei ehrlich zu sich selbst! Sonst besteht die Gefahr, dass Sie sich einen Beruf aussuchen, in dem Sie später nicht glücklich sind.
Sie müssen sich nicht ganz allein mit diesen Fragen beschäftigen. In jedem Bundesland gibt es mehrere Beratungsstellen, die Sie gerne bei Ihrer Berufswahl unterstützen.
Schritt 2: Lehrbetrieb suchen
Nachdem Sie sich darüber im Klaren sind, was Sie können und was Sie gerne lernen möchten, geht es daran, ein Unternehmen zu finden, in dem Ihr gewünschter Lehrberuf ausgebildet wird. Auch hierbei helfen die Berufsinformationszentren, wo Sie auch schon nach offenen Stellen suchen können, sowie der Besuch von Berufsmessen (Link zu Wissenswertes – Berufsmessen)]. Recherchieren Sie zu Hause selbstständig im Internet, zum Beispiel auf www.ams.at/lehrstellen oder www.jobabc.at/lehrstelle. Auch in der Zeitung inserieren viele Unternehmen, wenn sie eine Lehrstelle zu vergeben haben. Außerdem sollten Sie bei Ihren Verwandten, FreundInnen und Bekannten nachfragen, ob jemand von einer offenen Stelle weiß. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, einfach bei einem Betrieb, der Sie interessiert, telefonisch nachzufragen, ob Sie sich bewerben dürfen. Schließlich können Sie auch im Rahmen der berufspraktischen Tage einen Eindruck von einer Firma gewinnen und den Beruf so genauer kennenlernen. Studien zeigen, dass mehr als 70 Prozent der Unternehmer ihre späteren Lehrlinge über diesen Weg aussuchen – das macht diese Tage nicht nur spannend, sondern auch lohnend!
Schritt 3: Bewerben
Zu einer vollständigen Bewerbung gehören ein Bewerbungsschreiben, ein Lebenslauf, auch CV (Curriculum Vitae) genannt, sowie ein Foto und Ihre Zeugnisse. Was bei den einzelnen Teilen zu beachten ist, erfahren Sie weiter unten (Anker zu „Schritt 3a: Bewerbungsschreiben). Ganz allgemein gilt: Anpassen – und zwar an den jeweiligen Arbeitgeber! Jede Firma ist anders, deshalb sollte auch in Ihren Bewerbungsschreiben nicht immer dasselbe zu lesen sein. Zum Beispiel ist es manchmal sinnvoller, Ihre Genauigkeit zu betonen, ein anderes Mal ist es besser, Ihre Interessen hervorzuheben. Seien Sie ruhig ein wenig kreativ, wenn es um die Gestaltung der Bewerbung geht. Sie können etwa die Unterlagen farblich passend zum Logo des Betriebs auswählen oder Sie überlegen sich etwas anderes, womit Sie auffallen und sich von Ihren MitbewerberInnen abheben.
Behalten Sie den Überblick! Wahrscheinlich werden Sie sich nicht nur bei einer Firma um eine Lehrstelle bemühen, daher ist es sinnvoll, sich eine Tabelle mit dem Status Ihrer Bewerbungen anzulegen:
Firma, Ansprechpartner, Telefonnummer
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Datum der Bewerbung
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Datum der ersten Nachfrage
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Datum der zweiten Nachfrage
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Datum Zusage/Absage
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Schritt 3a: Bewerbungsschreiben
Download Bewerbungsschreiben
Mit einer Bewerbung machen Sie immer Werbung für sich selbst. Im ersten Moment mag es befremdend sein, sich selbst zu „loben“, aber bedenken Sie, dass Ihr Gegenüber Sie nicht kennt und wissen will, mit wem er/sie es zu tun hat und ob Sie für die Lehrstelle geeignet sind. Natürlich sollen Sie dabei nicht übertreiben oder gar lügen und auch nicht überheblich werden. Aber überzeugen Sie den potenziellen Arbeitgeber davon, Sie und keinen anderen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.
Worauf müssen Sie allgemein achten?
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Lesbarkeit: Papier verwenden, auf dem die Schrift gut erkennbar ist (kein Muster, keine dunklen Farben)
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Sauberkeit: keine Eselsohren, keine Schmutzflecken
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Gestaltung: Verwenden Sie einen Computer, außer es werden ausdrücklich handschriftliche Unterlagen verlangt.
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Länge: höchstens eine Seite
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Stil: einfach, klar und übersichtlich
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Richtigkeit: Vermeiden Sie Rechtschreib- und Grammatikfehler!
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»würde-los«: »Ich freue mich auf ein Vorstellungsgespräch.« statt »Ich würde mich über ein Gespräch freuen.«
Was dürfen Sie inhaltlich nicht vergessen?
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Kopf: Absenderdaten, Empfängeradresse, Ort und Datum, Betreff
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Ansprache: Sprechen Sie die/den Verantwortliche/-n persönlich an!
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Motivation: Warum wollen Sie diese Stelle?
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Überzeugung: Warum sind Sie der/die Richtige: Erfahrung durch Schnuppern, gutes Zeugnis, persönliche Eigenschaften?
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Verabschiedung
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Unterschrift
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Anlagen: welche und wie viele
Schritt 3b: Lebenslauf
Download Lebenslauf
Ihre zukünftigen AusbildnerInnen wollen wissen, was Sie bisher gemacht haben – im Lebenslauf sollten Sie also nichts Wichtiges auslassen! Geben Sie an, wann und wo Sie geboren wurden, wo Sie zur Schule gegangen sind, über welche Qualifikationen Sie verfügen und ob Sie schon Praktika absolviert oder an Schnuppertagen teilgenommen haben.
Wichtig:
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Länge: höchstens eine Seite
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tabellarisch: in der linken Spalte die Zeitangabe, in der rechten die Tätigkeit
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chronologisch: das Aktuellste zuerst
Schritt 3c: Foto
Vergessen Sie nicht, ein Foto anzufügen! Am besten, Sie integrieren es in den Lebenslauf, das funktioniert ganz unkompliziert mit einem Foto von der Digitalkamera. Sollten Sie ein ausgedrucktes Foto abgeben wollen, heften Sie es am rechten oberen Rand an den Lebenslauf. Achten Sie in einem solchen Fall darauf, Ihren Namen und Ihre Adresse auf der Rückseite des Bildes zu notieren, damit man es später zuordnen kann, sollte es herunterrutschen.
Was ist bei einem Bewerbungsfoto wichtig? Vor allem darf es kein Freizeitfoto sein und Sie sollten darauf sympathisch wirken – lächeln Sie anstatt mit unbewegter Miene in die Kamera zu starren! Wenn Sie direkt in die Kamera schauen, fühlt sich der/die BetrachterIn angesprochen. Sie sollten bei der Aufnahme ordentlich gekleidet und frisiert sein – nicht zu ausgeflippt, keine Trägershirts oder weiten Ausschnitte, keine Out-of-the-bed-Frisur. Schminken Sie sich nicht zu übertrieben, legen Sie nicht zu viel Schmuck an. Entscheidend ist auch die Qualität des Fotos: Es sollte weder unscharf noch schlecht belichtet sein. Am besten, Sie lassen Ihr Bewerbungsfoto bei einem/einer FotografIn machen. Wenn Sie sich aber dazu entscheiden, es selbst aufzunehmen, achten Sie auf einen neutralen Hintergrund, der mit Ihrer Kleidung harmoniert, wählen Sie den Bildausschnitt so, dass Sie etwa bis zur Brustpartie zu sehen sind, platzieren Sie die Kamera auf Augenhöhe, damit Sie weder unterwürfig noch überlegen wirken, stehen oder sitzen Sie aufrecht und vermeiden Sie eine gestellte Pose – dies wirkt unnatürlich.
Schritt 4: Vorstellungsgespräch
Im Vorstellungsgespräch haben Sie die Möglichkeit, Ihr Gegenüber noch mehr von sich zu überzeugen, als Sie es bereits mit Ihren Bewerbungsunterlagen getan haben. Außerdem erfahren Sie bei einem solchen Termin auch einiges über die Firma, bei der Sie sich um eine Lehrstelle bewerben. Nutzen Sie also die Gelegenheit, etwas über Ihren zukünftigen Arbeitgeber, Ihre Aufgaben oder Ihre Abteilung zu erfahren!
Eine gründliche Vorbereitung wird Ihnen am Tag des Vorstellungsgesprächs von Nutzen sein. Wir haben Ihnen einige Dinge aufgeschrieben, die Sie vorher klären sollten:
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Informieren Sie sich gründlich über den Lehrbetrieb und den Lehrberuf.
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Planen Sie die Anfahrt zum Unternehmen und machen Sie sich früh genug auf den Weg.
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Sorgen Sie für einen ordentlichen, gepflegten Eindruck: saubere Hände, gewaschene Haare, keine tiefen Ausschnitte, bauchfreien T-Shirts, hautenge oder durchsichtige Kleidung, kein Schlabberlook
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Schalten Sie Ihr Handy aus.
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Verzichten Sie auf Kaugummi, der verleitet zum »Wiederkäuen«, was etwas unansehnlich ist. Nehmen Sie lieber ein Pfefferminzbonbon, um unangenehmem Mundgeruch vorzubeugen.
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Tragen Sie keine zu aufdringlichen Parfums oder Deos auf.
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Nehmen Sie einen Kalender für eventuelle Terminvereinbarungen mit.
Im Unternehmen angekommen, können Sie folgende Verhaltensregeln beachten:
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Seien Sie ganz natürlich, versuchen Sie nicht, jemand zu sein, der Sie nicht sind.
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Vergraben Sie Ihre Hände nicht in den Hosen- oder Rocktaschen.
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Zeigen Sie sich interessiert, halten Sie zum Beispiel Augenkontakt, machen Sie sich Notizen, fragen Sie gezielt nach!
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Antworten Sie konzentriert und sachlich.
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Seien Sie freundlich und höflich.
Im Vorstellungsgespräch können Fragen auftauchen, auf die Sie vielleicht nicht sofort eine Antwort wissen, auch ein paar unangenehme können darunter sein. Wir haben einige typische Fragen aufgelistet, damit Sie sich schon zu Hause Gedanken über die Beantwortung machen können:
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Warum möchten Sie ausgerechnet bei uns anfangen?
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Was wissen Sie über unser Unternehmen?
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Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
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Worin liegen Ihre Stärken, worin Ihre Schwächen?
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Weshalb sollten wir gerade Sie einstellen?
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Arbeiten Sie lieber alleine oder im Team?
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Wie sind Sie auf diesen Lehrberuf gestoßen?
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Wie stellen Sie sich Ihre Arbeit in diesem Beruf vor?
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Was waren Ihre Lieblingsfächer?
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Weshalb waren Sie im Fach XY nicht so gut?
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Mussten Sie eine Klasse wiederholen? Warum?
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Sind Sie in der Schule oft zu spät gekommen?
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Mit welchen Aufgaben tun Sie sich am schwersten?
Wichtig ist es, bei der Beantwortung ehrlich zu sein, aber die Wahrheit so zu verkaufen, dass sie sich nicht negativ auf Sie auswirkt. Wenn Sie zum Beispiel abends gerne ausgehen, sollten Sie nicht unbedingt damit prahlen, dass Sie am liebsten erst bei Sonnenaufgang nach Hause kommen, sondern lieber betonen, dass Sie gerne Zeit mit Ihren FreundInnen verbringen oder neue Leute kennenlernen. Schieben Sie eine schlechte Note nicht auf den/die LehrerIn, das zeugt von wenig Verantwortungsbewusstsein für die eigenen Handlungen.
Reden Sie! Stellen Sie selbst aktiv Fragen, um Ihr Interesse für die Lehrstelle zu bekunden. Dabei sollten Sie Ihr Gegenüber unbedingt ausreden lassen und gut zuhören, was er/sie zu sagen hat. Zum Beispiel könnten Sie Folgendes wissen wollen:
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Zu welcher Abteilung würde ich gehören?
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Mit welchen Abteilungen würde ich zusammenarbeiten?
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Wer wäre mein/-e nächste/-r AnsprechpartnerIn?
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Wie würden sich meine Arbeitszeiten gestalten?
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Gibt es Arbeitskleidung?
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Wie oft findet der Berufsschulunterricht statt – und wo?
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Welche Weiterbildungsmöglichkeiten habe ich?
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Gibt es spezielle Angebote wie Lehre mit Matura?
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Welche Möglichkeiten würden sich mir nach der Lehre in diesem Betrieb eröffnen?
Am Schluss sollten Sie unbedingt das weitere Vorgehen besprechen: Bis wann können Sie mit einer Entscheidung rechnen? Achten Sie bei der Verabschiedung darauf, weiterhin einen guten Eindruck zu hinterlassen: Bleiben Sie konzentriert, schütteln Sie Ihrem Gegenüber fest die Hand und sagen Sie, dass Ihnen das Gespräch gefallen hat.
Schritt 5: Unterschrift
Gratulation zur Zusage! Nachdem Sie eine mündliche Zusage für eine Lehrstelle bekommen haben, muss dies auch schriftlich festgehalten werden. Die rechtliche Grundlage für ein Lehrverhältnis ist der Lehrvertrag, in dem etwa die Rechte und Pflichten des Lehrlings festgehalten werden. Mehr dazu erfahren Sie hier. Bevor Sie und einer Ihrer Erziehungsberechtigten den Vertrag unterschreiben, lesen Sie ihn sich genau durch und klären Sie offene Fragen mit Ihrem Arbeitgeber.
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